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Allein unter Aborigines,
Emus und Känguruhs

[gerichtsbericht]

Irgendetwas muß bei dem evolutionären Prozeß der Menschwerdung des Affen auf der Strecke geblieben sein. Nicht nur, das erwachsene Menschen in dunklen Anzügen mit Kinderrollern durch die Gegend sausen, nein, auch beim Gleichklang der Geschlechter hapert es mächtig. Monogamie ist ähnlich unpopulär wie die Mehrwertsteuererhöhung. Die Leute wollen nämlich das ganze Gegenteil. Bei den Zwangsabgaben ist nicht viel zu machen, aber Scheidungen hagelt es, daß es nur so kracht. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte trifft für die Kinder aus zerrütteten Ehen nicht zu. Sie sind in der Regel die Dummen. Ganz schlimm wird es, wenn sie als Schachfiguren in einem Stellvertreter-
krieg mißbraucht werden.
Florens arbeitete als promovierter wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Institut. Dort hatte er sich mit grenzübergreifenden Innovationsmechanismen, realpolitischen Marktpotentialen und ähnlich wichtigen Dingen zu befassen. Seine Ehefrau Marcella war als Flugbegleiterin in der weiten Welt unterwegs. Ihre Tochter Dagny wuchs hauptsächlich bei Oma und Opa auf. Auf einer ihrer Reisen lernte Marcella einen australischen Millionär kennen, und Schluß war es mit lustig. Die gute Gattin reichte die Scheidung ein. Das Verfahren zog sich und zog sich, wie allgemein üblich. Aber die Stewardess blieb eisern. Zwei Jahre später wurde die Ehe geschieden. Marcella und Florens bekamen die gemeinsame elterliche Sorge für ihre Tochter zugesprochen. Die Flugbegleiterin hängte ihren Beruf an den Nagel, heiratete den australischem Millionär und zog zu ihm nach Brisbane. Dagny nahm sie mit. Wenn Florens das Umgangsrecht mit seiner Tochter ausüben wollte, mußte er rund um die Welt fliegen. Bei dem letzten seiner Besuche nahm er seine Tochter auf Urlaub mit nach Deutschland - und rückte sie am Ende nicht wieder heraus. Die Mutter beantragte beim zuständigen deutschen Familiengericht die unverzügliche Rückführung des Kindes nach Australien. Der Vater widersprach dem Antrag. Seine Tochter wolle lieber in der BRD bleiben. Hier habe sie ihre Bezugspersonen und Freunde. Im fernen Südpazifik lebe sie einsam und allein unter Aborigines, Emus und Känguruhs.
Die Richter urteilten: "Ein sieben Jahre altes Kind besitzt noch nicht die erforderliche Reife für eine verantwortungsbewußte Entscheidung gegen eine beantragte Rückführung. Darüberhinaus ist nicht allein das Wohl des Kindes von überragender Bedeutung, sondern vor allem und zuvörderst das schnelle Rückgängigmachen und das Verhindern widerrechtlicher Selbsthilfe durch Entführen und Zurückhalten von Kindern. Über das Wohl des Kindes soll das Gericht am bis dahin gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes entscheiden." Dagny mußte wieder zurück zum kleinsten Kontinent. Bedingt durch das Verhalten des Vaters liegt ihr nächster Deutschlandbesuch in weiter Ferne. Und Florens beschäftigt sich inzwischen mit seiner eigenen Unmündigkeit. Nach Immanuel Kant ist sie nämlich das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.
 

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